FAZ-Net: Osteuropa
Bulgarische Börse bleibt spannend für Anlagepioniere

 
23. Mai 2003 
Im Februar hatten wir in dem Beitrag Bulgarische Vouchers sind der Geheimtipp für Spekulanten auf die Chancen am bulgarischen Aktienmarkt hingewiesen. An dieser positiven Grundhaltung hat sich nichts geändert. Der Markt hat zwar zwischenzeitlich auch einmal eine Verschnaufpause eingelegt, liegt seitdem aber immerhin mit rund 16 Prozent vorne.

Ohne natürlich gleichzeitig die Risiken eines Engagements wie das an einem umsatzarmen Markt wie in Sofia zu leugnen, wollen wir erneut die Chancen abklopfen, welche die bulgarische Börse bietet. Denn schließlich gelten die damals bestehenden Kaufgründe, wie eine tiefe Bewertung und die Phantasie im Zuge eines langfristig denkbaren EU-Beitritts noch immer. Wir haben dazu mit Stefan Laxhuber, Herausgeber des Börsenbriefes „Der Ostinvestor“ gesprochen. Laxhuber ist ein intimer Kenner des dortigen Aktienmarktes und rührt seit langem die Werbetrommel für die aus seiner Sicht stark unterbewertete bulgarische Börse.

Herr Laxhuber, was gibt es derzeit spannendes vom bulgarischen Aktienmarkt zu berichten?

Die bulgarische Börse ist in den vergangenen Monaten ganz nett gelaufen. Seit Dezember hat sie rund 35 Prozent gemacht. Zuletzt kam es aber zu einer Konsolidierung. Positiv zu werten sind die sehr gut ausgefallenen Unternehmenszahlen. Auch mein größter Favorit im konservativen Bereich, die Hotelkette Albena, macht da keine Ausnahme.
Weltweit bricht zwar der Tourismusbereich ein, aber Albena hat bereits jetzt für 2004 gut die Hälfte der Betten ausgebucht. 2003 sind alle Hotels der Ketten voll belegt. Die weiteren Kurschancen schätze ich hier als sehr hoch ein, obwohl der Kurs in den vergangenen 18 Monaten schon um rund 300 bis 400 Prozent zugelegt hat. Aber die Bewertung gemessen an der Marktkapitalisierung geteilt durch die Zahl der Hotelbetten ist bei einem Bettenwert von 1.800 Euro noch immer niedrig. So liegt dieser Wert bei der ungarischen Danubius bei rund 20.000 Euro und selbst das ist noch preiswert.
Allerdings ist bei Albena zu bedenken, daß etwa 40 Prozent der Betten noch nicht  sehr hohen Ansprüchen genügen. Die übrigen sind aber größtenteils renoviert und Albena ist im internationalen Drei- und Vier-Sterne-Segment recht stark vertreten. Zwei Hotels befinden sich sogar im Fünf Sterne Segment. Rein von der Asset-Bewertung ist das Unterehmen günstig. Was noch zu wünschen übrigen lässt ist jedoch die Rendite, was aber damit zusammenhängt, daß Bulgarien noch ein Billigreiseland ist.

Wie haben sich zuletzt die Börsenumsätze entwickelt?

Wir konnten zuletzt beobachten, daß erstmals auch Privatanleger aus dem Ausland aktiv wurden. Das Verhältnis zwischen inländischen und ausländischen Käufern wird je nach Schätzung zwischen 90:10 und 70:30 zugunsten der Inländer gesehen. Auffällig war, daß zuletzt sehr viele extrem kleine Umsätze umgegangen sind. Für westliche Verhältnisse handelt es sich dabei zum Teil um lächerlich geringe Aufträge im Wert zwischen 20 und 30 Euro. Dahinter stecken Kleinanleger, die seit der Privatisierung dabei sind und jetzt einmal Kasse gemacht haben. Von der Gebührenseite her gesehen ist dies kein Problem, denn die Gebühren liegen nur zwischen 0,5 und einem Prozent, wobei es keine Mindestgebühren und auch keine Abrechnungen für Teilaufträge gibt.

Wie sollten interessierte Anleger mit dem Problem der dünnen Umsätze umgehen?

Für größere Anlagebeträge eignet sich vornehmlich ein Engagement in den Vouchers, die einen Anspruch auf die vielen Staatsunternehmen verbriefen. Das ist das richtige Vehikel für größere Beträge. Bei Aktien ist ein direktes Engagement wegen der dünnen Umsätze schwer. Bei Vouchers kann man dagegen problemlos kaufen, da man hier bei der Marktkapitalisierung dreistellige Millionenbeträge vorzufinden sind und entsprechend hohe Umsätze vorliegen. Bei Albena haben sie im Vergleich dazu bereits Probleme, in der Woche 10.000 bis 15.000 Euro unterzubringen, ohne den Kurs zu bewegen. 100.000 Euro zu investieren sind hier eine längerfristige Sache oder man muß suchen, ob es ein Blockangebot gibt.

Was gibt es Neues zum Thema Vouchers zu berichten?

Von der Kursentwicklung hätte ich mir hier zuletzt etwas mehr versprochen. Aber die Privatisierungen von Bulgartabak Holding und Bulgarian Telekom sind wegen politischen Einwände verzögert worden. Den Kursaufschwung bei den Vouchers hat dies gebremst, langfristig bin ich aber sehr optimistisch gestimmt.
Bewegung gibt es aktuell bei der Bulgartabak Holding, die bereits mit 6,8 Prozent der Aktien börsennotiert ist. Hier sollten 80 Prozent der Anteile an die Deutsche Bank gehen, doch die Vorgabe, daß das Unternehmen fünf Jahre nicht verkauft werden darf, hat den Geschäftsabschluß kurzfristig noch Scheitern lassen. Die Privatisierung findet derzeit aber trotzdem gegen Rückgabe der Privatisierungsvouchers statt und rund 13 Prozent der Anteile kommen an die Börse. Das ist die größte Privatisierungsaktion seit rund einem Jahr. Es werden jetzt jede Menge Vouchers zurückgegeben. Durch so großen Aktionen wie bei Bulgartabak Holding werden die Vouchers knapp und steigen im Preis.

Warum kaufen große institutionelle Anleger die Vouchers nicht in großem Stil auf, wenn sie so interessant sind?

Die Deutsche Bank und die Allianz waren mit die größten Käufer. Aber das politische Risiko verhindert derzeit noch höhere Kurse. Schließlich ist es nie ganz auszuschließen, daß die Regierung hergeht und bekanntgibt, daß die Privatisierung abgeschlossen ist. Dann würden die restlichen Vouchers wertlos werden. Oder es gibt auch das Risiko, daß einzelne Privatisierungen gestoppt werden. Bulgarien hat sich aber dazu verpflichtet, die Unterehmen zu privatisieren und wie in Tschechien und im Baltikum über Vouchers abzuwickeln. Insgesamt schätze ich daher die  Gefahr als gering ein, daß die Privatiserungen nicht weitergehen.

Text: @JüB